In Zeiten, als man noch im Kampf gegen autoritäre Bevormundungen die Wertfreiheit proklamierte und ethische Überlegungen im öffentlichen Raum wenig zu suchen hatten, sprach Fromm von der „moralischen Verantwortung des modernen Menschen“. Jedes Handeln, Urteilen und Entscheiden ist wertorientiert, und das Subjekt wird immer auch von gesellschaftlichen Werthaltungen bestimmt. Dass diese Haltungen „Tugenden“ und „Laster“ genannt werden, mag für manchen moralisierend und antiquiert klingen. Fromm stellt sich bewusst in die Tradition der Tugendlehre von Aristoteles, Thomas von Aquin und Spinoza, allerdings ist seine Perspektive sozialpsychologisch und klinisch. Auch interessiert Fromm weniger, was Menschen an ethischen Werten zu leben vorgeben, als vielmehr, was sie auf Grund ihrer meist unbewussten Antriebskräfte faktisch verfolgen und praktizieren. Auch sechzig Jahre nach seiner Entstehung ein erhellender Beitrag!