Im Mittelpunkt von "Der Wille zum Leben" steht die Haltung des Menschen dem Tod gegenüber. Die Frage, warum Menschen medizinische Vorsorgeuntersuchungen nur so wenig wahrnehmen, dient Erich Fromm als Aufhänger, um zwei sich widersprechende Hypothesen zu entfalten: Die Menschen haben kein wirkliches Interesse mehr am Leben, sondern werden von einer chronischen Depression oder gar von nekrophilen Tendenzen bewegt, so dass ihr Lebenswille gebrochen ist. Dieser Hypothese steht die zweite nur scheinbar entgegen: Die Menschen haben so sehr Angst vor dem Tod, dass sie jede ärztliche Untersuchung meiden, um nicht mit einer todbringenden Krankheit konfrontiert zu werden. Beide Thesen widersprechen sich nicht, wenn die unbewusste Grundhaltung miteinbezogen wird: Wer das Leben und alles, was das Leben attraktiv macht, in der Weise des Habens betrachtet, der wird von allem Leblosen angezogen und kann gleichzeitig das Leben nicht hergeben, eben weil es ein lebloser Besitz ist.