Im Mittelpunkt des Romans steht ein junger, wohlhabender Reisender (der Erzähler), der zufällig in eine unterirdische Welt gerät, die von Wesen bewohnt wird, die sich Vril-ya nennen. Der Held findet bald heraus, dass die Vril-ya Nachfahren einer vorsintflutlichen Zivilisation sind, die in einem Netz unterirdischer, durch Tunnel verbundener Höhlen leben. Es handelt sich um eine kulturell hoch entwickelte Zivilisation, deren wichtigstes Werkzeug die “alles durchdringende Flüssigkeit” namens “Vril” ist, eine außergewöhnliche Energiequelle, die sie durch Willensschulung nach Belieben kontrollieren können. Dazu gehört die Fähigkeit, Wesen und Dinge zu heilen, zu verändern und zu zerstören; insbesondere die zerstörerischen Kräfte sind ungeheuer mächtig und erlauben es einigen jungen Vril-ya-Kindern, ganze Städte auszulöschen, wenn es nötig ist. Eine gefährliche Macht, insbesondere als sich herausstellt, dass den Vril-ya die bewohnbaren unterirdischen Räume knapp werden und sie planen, die Oberfläche der Erde für sich zu beanspruchen…
“Vril” ist die Krönung des Genres der Hohlweltliteratur, in der ein Held eine gefährliche Reise in den Untergrund unternimmt und eine überlegene Rasse entdeckt. Die Sitten und politischen Systeme dieser “Außerirdischen aus dem Weltinneren” werden erforscht und mit den unzulänglichen Praktiken der altmodischen, verworrenen, unvollkommenen Menschheit kontrastiert. Bulwer-Lyttons Roman ist unvergleichlich, was die Tiefe seiner intellektuellen Erkundungen angeht – Untersuchungen zu einer erstaunlichen Bandbreite sozialer, politischer, wissenschaftlicher, religiöser, sprachlicher und sexueller Fragen, die durch die Handlung ermöglicht werden. Die erstmals 1871 veröffentlichte Evolutionsfantasie greift auf die Ideen des Darwinismus zurück und beschreibt eine Welt der nahen Zukunft, die durch weibliche Dominanz, körperliche Perfektion und enormen technischen Fortschritt gekennzeichnet ist. Der Roman war zu seiner Zeit äußerst populär und wird heute von zeitgenössischen Wissenschaftlern als bahnbrechender Science-Fiction-Text angesehen.
Die Idee einer überlegenen Art, die die Vernichtung der bestehenden Menschheit herbeiführen könnte, ist, insbesondere angesichts der Geschichte des 20. Jahrhunderts, eine beängstigende Vision, die Bulwer-Lytton in seinem Buch als dunkle Bedrohung entwirft. Teils frühe Science-Fiction, teils philosophisches Traktat, teils okkulter Roman – “Vril” zieht die Leser*innen seit 1871 immer wieder in seinen Bann.