Essay aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Kunstgeschichte, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Veranstaltung: Lesarten von Moderne in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts, Sprache: Deutsch
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich der russische Künstler und Kunsttheoretiker Wassily Kandinsky aus Zweifel an der materialistischen Ausrichtung der Gesellschaft zunehmend von der gegenständlichen Darstellung in der Malerei gelöst und als einer der ersten Künstler überhaupt systematisch-theoretische Untersuchungen über die Abstraktion von Form- und Farbvorstellungen in der Kunst angestrebt, welche hauptsächlich in seiner 1912 erschienenen Abhandlung Über das Geistige in der Kunst thematisiert sind. Dort spricht Kandinsky vor allem der Komposition von Farbe eine zentrale Schlüsselrolle in der Malerei zu, die durch ihren geistigen Gehalt eine Unabhängigkeit vom natürlichen Erscheinungsbild beinhalte und als künstlerischer Ausdruckswert eine besondere Wirkung auf die inneren Zustände des Menschen vereine. Doch wie drückt sich diese Wirkung durch die Farbe aus? Wie und wodurch vermag eine Farbkomposition den inneren Zustand eines Betrachtenden erreichen zu können? Der vorliegende Aufsatz setzt sich mit diesen Fragen auseinander und stellt Kandinskys Thesen über die Farbe in den Fokus. Dabei soll ebenfalls geklärt werden, ob Kandinskys Farbenlehre bloß als rein theoretische Thesensammlung aus subjektiver Sicht eines einzelnen Künstlers funktioniert, oder ob sie auch in praktischer Hinsicht für den Künstler und für den Betrachter gelten kann.