Die propagierte freiheitliche Demokratie mit mündigen Bürgern, freien Abgeordneten und mitwirkenden Parteien kann aktuell allenfalls als Ideal oder Absichtserklärung gelten. Denn in der Realität herrscht ein Parteienmonopol, das sich analog und konterkarierend zum Grundgesetz in etwa wie folgt fassen ließe:
Art. 20, Abs. 2: Das Volk wirkt bei der politischen Willensbildung der Parteien mit...
Art. 21, Abs. 1: Alle Staatsgewalt geht von den Parteien aus...
Art. 38, Abs. 1: Die Abgeordneten... sind Vertreter der Parteien, an deren Aufträge und Weisungen gebunden und dem Fraktionszwang unterworfen...
Analog zur Macht dieser verdeckten parteienübergreifenden Allianz lässt sich nicht selten ein Ohnmachtsgefühl in der Bürgergemeinschaft registrieren sowie eine Sedierung des Bürgerwillens durch eine die Medien beherrschende Streitinszenierung zwischen den Parteien.
Die Zeichen mehren sich jedoch, dass sich die Bürgergemeinschaft mehr in einer Demokratie mit unmittelbareren Bestimmungsmöglichkeiten organisieren möchte. Es scheint lediglich noch der über die Jahre vertraute Alltag im parteiendominierten demokratischen System zu sein, der verhindert, diesem Impuls zur Selbstbestimmung auch eine konkrete Gestalt zu geben.
Vor 32 Jahren setzte die ostdeutsche Bevölkerung diesem Selbstbestimmungsanliegen mit der Proklamation "Wir sind das Volk!" ein erstes Zeichen. Es scheint nun an der Zeit, die Energie dieser Proklamation aufzugreifen und in eine gleichermaßen starke wie besonnene Handlungsinitiative umzusetzen. Über eine integrative gesamtdeutsche Bürgerinitiative, die sich fokussiert der kreativen demokratischen Reorganisation widmet, könnte vermutlich zudem auch aktuellen radikalen politischen Strömungen Paroli geboten werden.