Wann und wie setzten sich gesellschaftliche Akteure aus Politik, Medien und Wissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland mit Reichtum und seiner gesellschaftlichen Verteilung auseinander? Welche Rolle spielte die (Nicht-)Wahrnehmung von Reichtum, der neben der wachsenden sozialen Ungleichheit zu den prägenden Erfahrungen unserer Gegenwart zählt, in der Durchsetzung der Demokratie und Marktwirtschaft? Anne Kurr fragt aus zeithistorischer Perspektive nach den Konjunkturen der Wissensproduktion zu Reichtum zwischen 1960 und 1990. Reichtum – so ihre These – wurde nur als Randthema in Verteilungsdebatten verhandelt, dennoch politisierte sich die Diskussion um ihn in den langen 1960er Jahren. Wer als reich galt und in wie fern sich Reichtum in wenigen Händen konzentrierte, blieb dabei umstritten. Die Skandalisierung einer Reichtumskonzentration nahm in den 1970er Jahren infolge der Wirkmächtigkeit marktliberaler Konzepte ab und gewann erst nach der »Wiedervereinigung« wieder an Fahrt.