Ernst Busch war bereits zu Lebzeiten ein Idol der deutschen Linken. Er galt als Ikone, Choleriker und Querulant. Er war Werftarbeiter, Sänger und Schauspieler. Während sich in der bereits zum Scheitern verurteilten Weimarer Republik politisch linke und rechte Kräfte zu einem bedrohlichen Kräftemessen aufwiegelten, stellte er sich lautstark und unüberhörbar auf die Seite der Linken. Verschiedene, vorwiegend linke Filmschaffende holten den Schauspieler und Sänger an ihr Set, um seine Popularität und Authentizität für die Aussagekraft ihrer Filme zu nutzen, unter ihnen Victor Trivas für Niemandsland (1931) und Bertolt Brecht für Kuhle Wampe oder Wem gehört die Welt (1931/1932).
Anna Weber leistet einen wertvollen Beitrag zum Diskurs über den frühen Tonfilm, indem sie den Fokus von den berühmten sogenannten Tonfilmoperetten der 1930er-Jahre auf das engagierte, politisch linke Filmschaffen lenkt, das die betonte Selbstreflexivität und Selbstreferenzialität dieses Genres zugunsten sozialer und emanzipatorischer Themen sowie politischer Einflussnahme zu überwinden suchte. Sie zeichnet die mediale Konstellation zu Beginn der Tonfilmperiode nach und arbeitet heraus, wie Victor Trivas und Bertolt Brecht die proletarische Imago sowie die stimmliche und visuelle Präsenz Ernst Buschs in ihren Regiekonzepten aufgriffen und als Anknüpfungspunkt zur Alltagsrealität des Publikums nutzten.
Die Analyse der Filme setzt Weber in eine Verbindung zur zeitgenössischen Debatte zwischen Bertolt Brecht und Georg Lukács, indem sie Niemandsland in die Nähe der ästhetischen Ideen von Lukács rückt, während Kuhle Wampe als Modellfall für das filmästhetische Konzept Brechts steht.
Weber nimmt eine neuartige und erhellende Perspektive ein auf eine bislang zu wenig beachtete, aber äußerst bemerkenswerte Strömung innerhalb des Weimarer Kinos zu einer politisch hochbrisanten Zeit.