Wie passend wirkt in diesem Zusammenhang die aktuell in den Medien diskutierte Verurteilung des amerikanischen Filmproduzenten Harvey Weinstein, der wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung einer mehrjährigen Gefängnisstrafe entgegensieht. Vor etwa zwei Jahren hatte der Skandal um Weinstein die internationale Diskussion um sexuelle Gewalt gegen Frauen erneut angestoßen und zur Gründung der #metoo-Bewegung geführt. Über 80 Frauen hatten den Prozess gegen Weinstein angestrebt; letztendlich wurden zwei Fälle tatsächlich vor Gericht verhandelt. Weitere gerichtliche Verfahren in anderen amerikanischen Bundesstaaten stehen noch aus. Der Schuldspruch gegen Weinstein ist natürlich ein Erfolg für die Frauenbewegung, doch das Anliegen von #metoo ist noch lange nicht erfüllt. Das zeigt zum Beispiel ein Video, das vor wenigen Tagen in den Sozialen Medien viral ging. In diesem rezitiert Sex-and-the-City-Star Cynthia Nixon das Gedicht „Be A Lady They Said“ einer 22-jährigen amerikanischen Studentin, das aufzeigen will, wie widersprüchlich die Anforderungen an Frauen heutzutage sind. Und wie sich diese Anforderungen bereits in gesellschaftliche Normen und Stereotypen verwandelt haben. Kritische Stimmen verurteilen zwar, dass es sich hierbei um ein Werbevideo für ein Hochglanz-Modemagazin handelt, und halten es für fragwürdig, dass sich ein Modemagazin plötzlich Feminismus auf die Fahnen schreibt. Aber die Kernaussage des Gedichts bleibt für mich trotzdem im Fokus und während ich das Video geschaut habe, stand für mich der Absender nicht im Vordergrund. Aber schau Dir das Video doch an und bilde Dir selbst eine Meinung! Und im Kino läuft gerade die Verfilmung eines weiteren Skandals, der schon vor #metoo für viel Aufsehen sorgte. In „Bombshell“ werden die Ereignisse nacherzählt, die 2016 zum Rücktritt Roger Ailes’, damals Chef des amerikanischen Nachrichtensenders Fox News, führten. Mit Nicole Kidman, Charlize Theron und Margot Robbie in den Hauptrollen.
Du hast Dir bisher zum Thema Feminismus noch nicht so viele Gedanken gemacht oder fragst Dich, wozu das alles gut sein soll? Dann lege ich Dir das Buch „The future is female. Was Frauen über Feminismus denken“ von Scarlett Curtis ans Herz. Entdecke eine einzigartige und vielstimmige Textsammlung mit so vielen klugen Gedanken von den unterschiedlichsten Frauen von der Hollywood-Ikone bis zur Teenie-Aktivistin. Alle erzählen ihre ganz persönliche Geschichte, über die Momente, die aus ihnen eine Feministin gemacht haben: Manchmal war es „nur“ ein kleines Wort oder eine Bemerkung im eigenen Familien- oder Freundeskreis; manchmal eine unfassbare Verletzung grundlegender Menschenrechte wie zum Beispiel bei der weiblichen Genitalverstümmelung, die immer noch jährlich an Millionen von Frauen durchgeführt wird. Die Essays zeigen, wie wichtig es ist, hinzusehen und die immer noch bestehenden Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten nicht kleinzureden oder zu ignorieren. Jede/r von uns kann etwas zu diesem Diskurs beitragen und damit die gesellschaftliche Wahrnehmung beeinflussen und verändern. Ich muss in diesem Zusammenhang an eine Situation aus meinem Alltag denken: In einer Folge der Quizsendung „Wer wird Millionär?“ – ja, WWM gibt es noch – entschied sich die Kandidatin bei einer Wirtschaftsfrage für einen Publikumsjoker und wählte dann einen Mann aus dem Publikum aus mit der Begründung, dass Männer sich in der Wirtschaft besser auskennen würden. Diese öffentliche Untermauerung eines so stupiden gesellschaftlichen Stereotyps hat mich unglaublich geärgert. Vielleicht kennst Du ähnliche Situationen aus Deinem Alltag?
Carolin Emcke hat einen unfassbar klugen Essay mit dem Titel „Ja heißt ja und …“ zur #metoo-Bewegung verfasst, indem sie ein Thema anspricht, was mich auch regelmäßig auf die Palme bringt: Wenn Frauen anfangen darüber nachzudenken, ob etwas an ihrem Verhalten nicht stimmt, weil Männer ihre offene und sympathische Art als Annäherungs-/Flirtversuch fehlinterpretieren und dann aufdringlich werden. Ich kenne diese Gedanken auch von mir selbst: „Sollte ich verschlossener sein, lieber nicht zu offen auf andere Menschen zugehen, weniger lachen? Verhalte ich mich zu naiv?“ Emcke fragt dazu in ihrem Essay provokativ: „Ist ahnungslos, wer erwartet, nicht gedemütigt zu werden? {…} Muss ich als Frau es für undenkbar halten, nicht als Objekt, als Ding, als verfügbarer, benutzbarer Körper gesehen und behandelt zu werden?“ Die Antwort lautet natürlich „Nein!“ und die Tatsache, dass dieses Nein nicht selbstverständlich jeder Frau über die Lippen kommt, sollte uns alle zum Nachdenken und Handeln bringen! Vor ein paar Wochen war ich bei einer Lesung von Antje Ravic Strubel im Münchner Literaturhaus, die den Essay „Ein Zimmer für sich allein“ von Virginia Woolf neu ins Deutsche übersetzt hat. Sehr lesenswert! Im anschließenden Gespräch erzählte die Autorin und Übersetzerin, dass es aktuell noch immer häufig so sei, dass Verlage für Manuskripte von Autorinnen weniger bieten würden als für Texte von männlichen Kollegen. Wahrscheinlich war diese Aussage für viele der Zuschauer/innen noch nicht einmal überraschend.
Die meisten meiner Freundinnen sind in meinem Alter (Ende zwanzig, Anfang dreißig) und befinden sich wie ich gerade am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn. Dadurch hat sich in den letzten zwei Jahren das Thema Gehaltsverhandlung zum Dauerbrenner in unseren Diskussionen entwickelt. Jede von uns kann in unterschiedlichen Ausprägungen von diesen zwiespältigen Gefühlen berichten, die uns in dieser Situation überfallen. Einerseits weiß man, dass einem eine Gehaltserhöhung zustehen würde, man hat Argumente gesammelt und sollte eigentlich mit genügend Selbstbewusstsein und Verhandlungsstärke im Gespräch auftreten. Andererseits ist da trotzdem diese Unsicherheit (habe ich die Gehaltserhöhung wirklich verdient?) und das unangenehme Gefühl mit dem/r Chef/in über ein Thema sprechen zu müssen, das die sonst so sympathische Beziehung und gute Stimmung irgendwie aussetzt oder vielleicht sogar bedroht, und das, obwohl man sich doch eigentlich sehr wohl im Team und in der Jobposition fühlt. Du merkst es schon, eigentlich viel zu viele emotionale Gedanken für so ein wichtiges und eigentlich selbstverständliches Thema. Anja Henningsmeyer hat sich in ihrem Buch „Denn Sie wissen, was Sie tun. Wie Frauen erfolgreich verhandeln“ genau mit dieser verzwickten Situation beschäftigt und gibt Tipps, wie man Verhandlungserfolge gewinnbringend vorbereiten und mit seinen Emotionen richtig umgehen kann. Das Buch steht bereits auf meiner Merkliste und ich hoffe, dass vielleicht auch für Dich der eine oder andere gute Tipp mit dabei ist.
Und dann gibt es da noch das Thema mit den Kindern … Viele meiner Freundinnen haben in den letzten Jahren geheiratet und die erste ist auch schon Mutter geworden. Ich habe mich sehr für sie gefreut, ich selbst liebe Kinder, kann als 4-fache Tante gar nicht genug von meinen Neffen bekommen und habe früher immer bei Nachbarn und Freunden gebabysittet. Aber selbst Kinder bekommen? Das kann ich mir aktuell so gar nicht vorstellen. So ein kleines Wesen, das meinen Alltag komplett bestimmt, mich vom Schlafen abhält und jahrelang der Mittelpunkt meines Lebens sein wird? Lieber nicht. Ich weiß, dass ebenso viele positive Dinge für Kinder sprechen und liebe ja genau all diese Dinge an meinen Neffen und allen anderen Kindern in meinem Umfeld. Aber das Schöne daran ist ja, dass ich sie irgendwann wieder ihren Eltern zurückgeben kann und dann wieder meine Ruhe und Eigenständigkeit habe. In diesem Zusammenhang möchte ich Dir Anke Stellings Roman „Schäfchen im Trockenen“ empfehlen, in dem dieses Thema sehr scharfzüngig und sarkastisch bearbeitet wird. Natürlich möchte ich in diesem Zuge auch die „Regretting-Motherhood-Kontroverse“ erwähnen, zu der wir auch einige spannende Titel von Orna Donath, Christina Mundlos oder Sarah Fischer in unserer Bibliothek haben. Auch, wenn Du nicht derselben Meinung bist, finde ich es wichtig, dass wir alle immer beide Seiten mitdenken und nicht davon ausgehen, dass eine Frau automatisch einen angeborenen Kinderwunsch besitzt. Ich habe das Gefühl, dass ich mich so langsam erst warm geschrieben habe und es noch so viele weitere Themen gäbe, die in einem solchen Artikel besprochen werden müssten, weil sie unglaublich wichtig sind. Ich hoffe deshalb, dass Du nach dem Lesen dieses Artikels Lust bekommen hast, Dich weiter mit dem Thema Feminismus zu beschäftigen und habe für Dich noch eine kleine persönliche Leseliste vorbereitet:
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